THOW 45: Über die Weisheit
1 Kaum kann er laufen, meint der Mensch, das Leben nun zu kennen,
und schon beginnt er ohne Verstand, durchs Leben nun zu rennen.
2 Dann stolpert er und fällt längs hin, beklagt des Lebens Hürde,
meint, dass er nun doch ganz geschwind, jetzt klüger werden würde.
3 Doch irrt der Mensch, wenn er nun meint, mit Klugheit könnte er’s schaffen,
weil in der Gleichung unbekannt, doch große Lücken klaffen.
4 Der Dumme wird selbst das nicht sehen und wähnt sich auf dem Wege,
bis an des Lebens End gelangt, er nur noch Leere sehe.
5 Der kluge Mensch will Weisheit finden und sehe sich doch vor,
denn wer sich selbst als weise sieht, ist lebenslang ein Tor.
6 Dem weisen Menschen wird gewahr, kaum dass er es erfasse:
Weise ist, wer Weisheit sucht und sie niemals verlasse.
7 Suche sie bei Gott, und du wirst finden, das ist die rechte Stelle,
denn wo will man sonst fündig werden, als an der Weisheit Quelle?

« THOW 44: Nachtgebet | THOW 46: Suchen und finden »