THOW 97: Gesehen
1 Einer unter vielen, der nicht auffällt, wenn er fehlt. 2 Eine Randnotiz, ein Statist im großen Ganzen. 3 Als störend empfunden, wenn er aufbegehrt oder sich eine Stimme gibt. 4 Und der am Gleis zurückbleibt, wenn er sich nicht rechtzeitig in den Zug begibt. 5 Keiner, der auf einen achtet. 6 Keiner, der deinen Namen ruft.
7 So sind wir Menschen oft. 8 Dieses Gefühl geben wir anderen. 9 Und leiden doch selbst, wenn es uns trifft. 10 Ungesehen, nicht gewertschätzt. 11 Doch du, Herr, bist anders. 12 Du bist der, der mich sieht. 13 Der immer ein Auge auf mich hat. 14 Der zuhört, Tag und Nacht, und nicht müde wird. 15 Der mich schätzt wie ein Vater sein geliebtes Kind. 16 Der nur mein Bestes will und der mich nie vergisst und nie vergessen wird.
17 Du, Herr, bist es, dem es gebührt, dass wir uns dir zuwenden. 18 Wir aber sind es, die dich missachten und dir nicht die Aufmerksamkeit geben, die dir zusteht. 19 Doch dein Blick ist voller Nachsicht und in die Ewigkeit gerichtet.
20 Du rufst uns, lädst uns täglich ein. 21 Du wirst mir Recht verschaffen und für mich streiten, 22 mir zuhören und meine Worte wohl abwägen. 23 Und willst mich selbst lehren, so auch anderen zu tun. 24 Aufmerksamer für andere zu werden und sie freizusetzen. 25 Denn ich habe ja jemanden – dich, Herr – 26 das ist mir mehr als genug. 27 Den will ich ihnen zeigen.


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