THOW 189: Quer durch meine Vorstellung
1 Würde Jesus sich heute von einem korrupten Hedgefonds-Manager einladen lassen? 2 Von einem, dessen luxuriöse Villa am Zürichsee sich aus Spekulationen auf dem Rücken unzähliger kleiner Sparer und zerbrochener Existenzen finanzierte? 3 Von einem, der Boni in Millionenhöhe kassierte, während anderswo ganze Gemeinden durch seine Finanzmanöver verarmten? 4 Würde er ein und aus gehen bei einem Waffenhändler, der an einem Krieg verdient, der viel Leid verursacht? 5 Wäre er zu sehen bei einem lockeren Café-Gespräch mit einer stadtbekannten Escort-Dame, deren Gesicht auf den Titelseiten der Klatschmagazine prangt? 6 Oder würde er eine lebhafte Diskussion bei einem Kaltgetränk führen mit einem prominenten „Querdenker“? 7 Bei einem Social-Media-Influencer in einem Livestream auftreten – und ihm so noch mehr Follower verschaffen? 8 Einen Diktator besuchen, dessen Regime Tausende ins Gefängnis wirft, foltert und tötet – nur um mit ihm zu reden, ohne ihn gleich auf die Knie zu zwingen? 9 Würde er mit Menschen verkehren, sich von ihnen bedienen lassen, ja sie sogar zu seinen Füßen sitzen lassen, deren Lebensstil, sexuelle Orientierung oder Wertehaltung unserer religiösen Vorstellung völlig widerspricht?
10 Ja, er würde. Weil er genau das getan hat.
11 Jesus ließ sich einladen von Zöllnern wie Zachäus, deren Reichtum allein auf Ausbeutung beruhte. 12 Er saß zu Tisch im Haus des Simon, obwohl dieser als Pharisäer für all das stand, was damals für verurteilende Gesetzlichkeit galt. 13 Er ließ sich von einer Frau berühren, die in den Augen der Frommen als unrein galt – und verteidigte sie vor allen. 14 Jesus sprach mit der Frau am Jakobsbrunnen, obwohl sie wahrlich kein frommes Leben führte. 15 Er heilte den Diener eines römischen Besatzungsoffiziers, ohne eine politische Erklärung abzugeben. 16 Und er sprach mit Pilatus, dem Repräsentanten römischer Macht – ruhig, klar und ohne Angst. 17 Er stellte sich seinem Urteil, obwohl er wusste, dass er keine Gerechtigkeit finden würde.
18 Er berief einen Fanatiker wie den Zeloten Simon und einen Kollaborateur wie Levi, den man Matthäus nannte, in seinen Jüngerkreis. 19 Er machte keinen Bogen um verwirrte Verschwörungstheoretiker. 20 Man nannte ihn selbst einen „Fresser und Weinsäufer“ – und einen „Freund der Zöllner und Sünder“. 21 Und er ließ sich kreuzigen zwischen zwei Verbrechern – und versprach dabei noch einem das Paradies.
22 Herr, ich will die Diskussion darüber, was richtig und falsch ist, gar nicht führen – aber du hast mir in einem Traum das Tuch von den Augen gezogen und mir einen Gottesdienst gezeigt mit Menschen, die ich dort nicht erwartet hätte. 23 Und du hast mich am Morgen erinnert, dass du uns ein Gebot gegeben hast, das höher steht als alle anderen, weil es alles umfasst, was es zu wissen gilt: Liebe Gott von ganzem Herzen – und liebe auch die Menschen. 24 Gott hat die Menschen so sehr geliebt – und du willst, dass ich sie auch so liebe. 25 Jesus lehrte Begegnung, nicht Belehrung. 26 Jesus brachte Versöhnung mit dem Vater, hat den Vorhang zerrissen – keine neuen Trennlinien gezogen.
27 Und wer bin also ich, dass ich mit dem Finger deute, was ein Mensch zu ändern habe?! 28 Also will ich ein Bote seiner Liebe sein – ein Überbringer der Einladung Jesu an den Menschen: Lass dich versöhnen mit Gott. 29 Da, wo du bist. So, wie du bist. 30 Und was danach kommt, ist allein eine Sache zwischen dir und Gott.
Lukas 5,31–32 / Johannes 18,37–38 / Matthäus 22,37–40 / 2. Korinther 5,20 / Johannes 3,17


« THOW 188: Vom Herrn gesandt | THOW 190: Wo bist du? »